10 Jahre… Würfel

Vor 10 Jahren erschien die St. Emmi Platte „Weiß: Der Himmel“.
Zum Jubiläum gibt es hier nach und nach alle Lieder des Albums!

9. Würfel

„Michael Ende, Du hast mein Leben zerstört“ sangen Tocotronic einst. Nun ja, ich muss gestehen, ich weiß nicht, warum sie das denken, jedenfalls waren die Bücher von Herrn Ende ein fruchtbarer Boden für meine Fantasie, zu einer Zeit, in der man das Wort noch mit Ph zu schreiben pflegte. Jeder „Ende“ sorgte für endloses Kino im Kopf, darunter natürlich auch der mit der zweifarbigen Schrift, mit den 26 Kapiteln von A bis Z – der erste Buchstabe des Kapitels immer in verschnörkelter Schrift über eine ganze Seite gemalt – , der aber trotz der Verheißung im Titel nach dem letzten Kapitel natürlich trotzdem zu Ende war.
In diesem Buch trifft der Held der Geschichte irgendwann auf einen Haufen Wesen, die ihren Verstand verloren haben. Sie würfeln den ganzen Tag mit Buchstabenwürfeln. Manchmal haben sie Glück, und es entstehen Silben oder gar ganze wörter. Ganz selten enstehen sogar ganze Sätze, wenn man ganz viel Geduld hat, sogar Geschichten, und wenn man ewig wartet, werden alle Geschichten der Welt erzählt.
Ein wenig so kam ich mir vor, als ich eines Tages auf dem Fahrrad saß und im Geiste Wörter, Sätze, Melodien und Reime ausprobierte, sie hin- und herschob, neu anordnete, verwarf und durchschüttelte.
Durchgeschüttelt wurde bei den Aufnahmen auch etwas, nämlich das Schlagzeug, und das nicht zu knapp, denn das Tempo ist gemein für Schlagzeuger, aber Martin Böters hat das wieder wunderbar „raketenmäßig“ hinbekommen! Danke!

Und die letzten Akkorde des Refrains zitieren die Weakerthans.

Würfel bei → Soundcloud oder auf → Spotify hören

„Zu viele Gedanken. Zu wenig Wort.
Im Kopf saß ein Männchen. Jetzt ist es fort.
Ich mag es, wenn es draußen kalt ist, die Kälte im Gesicht.
Dann spür ich die eigene Wärme, doch das Eis das bricht noch immer nicht.

Ich sing auf dem Fahrrad vor mich hin.
Ich glaube, das macht keinen Sinn.
Beliebig wie die Würfel im Roman, im Ende ohne Ende.

Manchmal denke ich, dass das Gedächtnis immer schlechter wird jeden Tag.
Naja, das Leben, das man sich merken muss, wird ja auch immer länger, von Tag zu Tag.
Tja, das sind wohl die Probleme, die das Leben mit sich bringt.
Immerhin in einem Leben, in dem niemand um sein Leben ringt.

Ich sing auf dem Fahrrad vor mich hin.
Ich glaube, das macht keinen Sinn.
Beliebig wie die Würfel im Roman, im Ende ohne Ende.

Zu viele Gedanken. Zu wenig Wort.
Im Kopf saß ein Männchen. Jetzt ist es fort.
Ich sing. Das macht alles Sinn.“